Die Fälle, in denen die Arbeitsgerichte über Arbeitszeugnisse urteilen müssen, sind überschaubar. Einige interessante Urteile werden jedoch hier und da gefällt. Meist geht es dabei um die Formulierungen, die aufgrund der vieldiskutierten „Geheimsprache“ in Zeugnissen Spiel für Interpretationen lassen.

Wenn zum Beispiel ein Arbeitszeugnis nicht mit freundlichen Wünschen des Arbeitgebers endet, wird dies üblicherweise negativ interpretiert. Ein Zeugnis darf aber keine Merkmale oder Formuliereungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen (§109 GewO).

In einem Urteil aus Dezember 2012 beschloss das BAG in einem solchen Streifall, dass die Schlussformel in einem Zeugnis nicht zu dem erforderlichen Inhalt eines Arbeitszeugnisses gehört. Wenn dem Arbeitnehmer daher die Schlussformel nicht gefällt, hat er keinen Anspruch auf Ergänzung oder Umschreibung, sondern kann im Zweifelsfall lediglich ein Zeugnis gänzlich ohne Schlussformel verlangen (BAG vom 11.12.2012 – 9 AZR 227/11 ).

Das verzwickte an der „Geheimsprache“ in Zeugnissen ist, dass die gängigen Formulierungen selten gegen den o.g. Grundsatz verstoßen. Der tägliche Umgang mit diesen Floskeln hat Selbigen erst einen neuen Wert gegeben. In einem anderen Fall hat das BAG daher entschieden, dass nach dem „maßgeblichen Empfängerhorizont“ zu beurteilen ist, ob eine Formulierung als „Geheimsprache“ eine andere Bedeutung enthält. Eine freilich dehnbare Feststellung. Die im Streitfall maßgebliche Formulierung „Wir haben Herrn K. als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt, der stets eine sehr hohe Einsatzbereitschaft zeigte“ könnte z.B. auch bedeuten, dass der Mitarbeiter nach der Einstellung diese Eigenschaften nicht mehr aufgezeigt hat.

Der Arbeitnehmer hatte keinen Erfolg. Das BAG entschied, dass die Wendung „kennen gelernt“ nicht zum Ausdruck bringt, dass die im Zusammenhang angeführten Eigenschaften tatsächlich nicht vorliegen (BAG vom 15.11.2011 – 9 AZR 386/10).

Manchmal werden Zeugnisse auch im Zwangsvollstreckungsverfahren eingefordert. So hatte ein Arbeitnehmer in einem Kündigungsschutzprozess mit seinem Arbeitgeber einen Vergleich geschlossen, der den Arbeitgeber verpflichtete, ein qualifiziertes Zeugnis nach dem Entwurf des Arbeitnehmers auszustellen.

Dieser Vergleich enthält sehr wohl einen vollstreckbaren Inhalt. Der Arbeitgeber ist daher verpflichtet, ein Zeugnis auszustellen, welches sich an den vom Arbeitnehmer vorgelegten Formulierung hält. Dies hatte der Arbeitnehmer auch mittels Zwangsvollstreckung versucht, durchzusetzen.

Dennoch ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, Formulierungen des Arbeitnehmers aufzunehmen, wenn er Umstände vorträgt, dass diese nicht wahrheitsgemäß und daher mit dem im §109 GewO enthaltenen Grundsatz der Zeugniswahrheit nicht vereinbar sind. Wenn der Arbeitgeber daraufhin ein von ihm modifiziertes Zeugnis vorlegt, ist der Zwangsvollstreckungsauftrag zurückzuweisen. Der Arbeitnehmer kann dann allenfalls in einem neuen Verfahren über den Inhalt des Zeugnis eine Berichtigung anstreben (BAG vom 9.9.2011 – 3 AZB 35/11 ).

Etwas anders sieht es das LAG Hamm in einem Urteil aus August 2012. In einem dortigen Streitfall hat sich der Arbeitgeber in einem Vergleich verpflichtet, nur dann vom dem Arbeitnehmerentwurf abzuweichen, wenn dieser grob unrichtig ist. Insoweit war er gänzlich an dem Wortlaut des Entwurfs gebunden.

Ein Vergleich, der lediglich ein „wohlwollendes Zeugnis“ zum Inhalt hat, ist unzureichend bestimmt und daher im Ganzen nicht vollstreckungsfähig(LAG Hamm vom 04.08.12).

Übrigens: Wenn ein Zeugnis verloren geht oder beschädigt wird, ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine neue Ausfertigung zu überlassen, sofern ihm dies im Rahmen seiner Möglichkeiten zugemutet werden kann.