Wir erinnern uns noch gut an den „Fall Emmely“, in dem eine Kassiererin wegen der Aneignung zweier verlorengegangener Leergutbons im Gesamtwert von 1,30 EUR von ihrem Arbeitgeber die fristlose Kündigung erhielt. Nachdem das Arbeitsgericht Berlin die Kündigung als rechtmäßig ansah und auch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg dies bestätigte, wurde das Urteil letztinstandlich vom Bundesarbeitsgericht gekippt. Die Kündigung musste wieder aufgehoben werden.
Vor dem Arbeitsgericht in Hamburg wurde nun der Fall einer Krankenschwester verhandelt, die acht Brötchen für sich und ihre Kolleginnen entwendet hatte und daraufhin postwendend die fristlose Kündigung erhielt.
Und auch in diesem Fall bekam die Klägerin, die sich gegen die Kündigung wehrte, Recht. Das Arbeitsgericht vertrat die Auffassung, dass bei Diebstahl des Arbeitnehmers nicht immer eine Kündigung gerechtfertigt ist. Insbesondere, wenn das Arbeitsverhältnis lange bestand und der Wert der entwendeten Sache gering ist, ist eine fristlose Kündigung unverhältnismäßig (Arbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 10.07.2015, 27 Ca 87/15.).
Zu Gute kam der Klägerin, dass sie ihre Pflichtverletzung offen begangen hat und später nicht abstritt. Sie war zudem bereits seit 23 Jahre beschäftigt, in denen der Arbeitgeber keinen Grund zu Beanstandungen hatte.
Allerdings wäre das Urteil ebenfalls zugunsten der Klägerin ausgegangen, wenn das Dienstverhältnis nur wenige Jahre bestanden hätte. Denn bei offener Wegnahme geringwertiger und zum sofortigen Verzehr bestimmter Lebensmittel ist eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung ohnehin unwirksam.