Man könnte jetzt der Meinung sein, dass diese Aussage so oft richterlich geklärt wurde, dass keine Zweifel mehr angebracht wären. So ist es aber nicht. Gerade im vergangenen Jahr gab es zu diesem Thema wieder recht unterschiedliche Gerichtsauffassungen.

In einem Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht wurde erneut ein Fall verhandelt, in dem diesmal ein Krankenpfleger die bislang von seinem Arbeitgeber nicht vergütete Zeit für das Umziehen seiner Arbeitskleidung als Überstunden abgerechnet bekommen wollte. Diese sammelten sich in 100 Arbeitstagen auf rund 20 Stunden an. Das erstaunliche hierbei: Sowohl das Arbeitsgericht Emden in erster Instanz als auch das Landesarbeitsgericht Niedersachsen im Berufungsverfahren sprach dem Kläger kein Recht zu.

Frühere BAG-Urteile seien nicht anwendbar

Das BAG urteilte bereits früher, dass es Arbeitnehmern wegen der objektiven Auffälligkeit spezieller Dienstkleidung nicht zugemutet werden kann, diese bereits auf dem Weg zur Arbeit zu tragen, da hiermit ein Rückschluss auf die ausgeübte Tätigkeit möglich sei. Das LAG Niedersachsen hatte diesen Grundsatz in diesem Fall auf die weiße Dienstkleidung eines Krankenpflegers übertragen. Es argumentierte in seinem Urteil, dass in einer Dienstanweisung das Tragen gesonderter Schutzkleidung z.B. bei der Tätigkeit bei Isolationspatienten oder in Spezialbereichen wie insbesondere dem OP zwar unstrittig sei, daraus ergäbe sich aber im Gegenzug, dass die typische weiße Dienstkleidung von Krankenpflegern nicht nach denselben Kriterien zu beurteilen sein. Trotz der durchaus auffällig zu bezeichnenden weißen Dienstkleidung im öffentlichen Straßenbild sei kein Rückschluss auf den Beruf möglich, da eine solche Kleidung auch bei Apothekern, Physiotherapeuten und privaten Arztpraxen üblich sei. Die Klage wurde abgewiesen.

BAG kippte das Urteil

„Falsch“, sagte das BAG in seinem Urteil vom 06.09.17 (Az.: 5 AZR 382/16). Zunächst einmal stellte das BAG fest, dass alle Tätigkeiten, die als solche der Befriedung eines fremden Bedürfnisses dienen, als „Arbeit“ zu definieren sind. Das Wechseln der Kleidung gehört damit zur Arbeitszeit. Das Anlegen der Dienstkleidung nutze dem Arbeitgeber. Ist Dienstkleidung nicht auffällig gestaltet, fehle es an dem Nutzen für den Arbeitgeber, denn dann könne die Kleidung bereits zu Hause angelegt werden.

Für den Fall, dass der Kläger die weiße Berufskleidung freiwillig bereits zu Hause anziehen, so würde es ebenfalls an der Fremdnützigkeit fehlen, denn dann würde der Arbeitgeber erlauben, auch außerhalb der Dienstzeit die Dienstkleidung zu tragen.

Das BAG stellt fest, dass die Dienstkleidung zwar keinen Rückschluss auf einen bestimmten Arbeitgeber zulasse, aber eine Zuordnung auf einen bestimmten Berufszweig sei ohne weiteres möglich. Hieran hat der Kläger außerhalb der Arbeitszeit keinerlei Interesse. Die Umkleidezeit gehört also zur Arbeitszeit.

Vergütung weiterhin unklar

Der Fall wurde vom BAG nun wieder zurück an das LAG Niedersachsen gegeben, da noch geklärt werden muss, auf welche rechtliche Grundlage die Überstundenvergütung zu berechnen ist.